US-Unternehmen beherrschen zunehmend Welt-märkte - Europa kämpft mit Strukturproblemen
by: KPMG
Europa kämpft mit strukturellen Problemen, und die erwarteten Vorteile des Binnenmarktes kommen noch nicht zum Tragen. Trotz des freien Warenverkehrs und der Einführung des Euro führen Schwierigkeiten bei der Integration der Arbeits- und Kapitalmärkte dazu, dass europäische Unternehmen nicht die Wachstumsrate erzielen, die erforderlich wäre, um gegenüber ihren US-Konkurrenten im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können
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Die europäische Wirtschaft nutzt ihr Potenzial auf den von den USA dominierten Weltmärkten nicht aus und tritt dort zu wenig in Erscheinung. So befindet sich - gemessen am Umsatz – die Hälfte der globalen „Top Ten“- Unternehmen in amerikanischer Hand, darunter das größte der Welt, Wal-Mart Stores, Inc. Ein US-Unternehmen, das auf dem Heimatmarkt zu den „Top 5“ gehört, verzeichnet zudem durchschnittlich einen um 25 Prozent höheren Umsatz als sein europäisches Äquivalent. Unter den „Top 20“ beträgt der Vorsprung im Schnitt immer noch 15 Prozent. Das sind wesentliche Ergebnisse der KPMG-Analyse „Industrial Structure in the European Union and United States“, für die Wirtschafts- und Finanzdaten beider Kontinente ausgewertet wurden.
Sie zeigt, dass die Bemühungen der europäischen Regierungen zur Schaffung eines gesamt-europäischen Marktes bislang nicht die erhofften Erfolge zeitigen. Dafür sind vor allem folgende Punkte ausschlaggebend:
- Europas industrielle Struktur, und insbesondere die nach wie vor bestehende Zersplitterung in Regionalmärkte, ist ein großes Hindernis für Wachstum.
- Fusions- und Akquisitionsaktivitäten, die Umstrukturierungen und damit Wachstum vorantreiben könnten, werden durch uneinheitliche Übernahmeregelungen erschwert.
Thomas Ehren, Leiter des Bereichs Corporate Finance bei KPMG: „EU-Institutionen und nationale Regierungen müssen unbedingt notwendige Arbeitsmarkt- und Kapitalmarktreformen durchführen. Europa kämpft mit strukturellen Problemen, und die erwarteten Vorteile des Binnenmarktes kommen noch nicht zum Tragen. Trotz des freien Warenverkehrs und der Einführung des Euro führen Schwierigkeiten bei der Integration der Arbeits- und Kapitalmärkte dazu, dass europäische Unternehmen nicht die Wachstumsrate erzielen, die erforderlich wäre, um gegenüber ihren US-Konkurrenten im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können.“
Die von solchen Restriktionen freien US-Unternehmen profitieren von Größenvorteilen z.B. durch Skaleneffekte, die Kosten reduzieren und sicher teilweise für die amerikanischen Produktivitätsvorsprünge gegenüber der Eurozone verantwortlich sind.
M&A: US-Unternehmen kaufen lieber zuhause ein
Das Erreichen einer kritischen Masse setzt in der Regel Fusions- und Akquisitionsaktivitäten voraus. US-Unternehmen können aufgrund des riesigen amerikanischen Binnenmarktes zunächst im eigenen Land expandieren und somit Exportrisiken vermeiden, bevor sie die Märkte in Übersee in Angriff nehmen. So zeigt eine Analyse der Fusions- und Akquisitionsaktivität über die letzten zwanzig Jahre, dass US-Unternehmen lediglich in acht Prozent aller Fälle ein Unternehmen außerhalb der USA aufkauften. Europäische Unternehmen dagegen kauften in 26 Prozent der Übernahmen außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums ein.
Thomas Ehren: „Die Übernahmeregulierungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterscheiden sich deutlich voneinander, wodurch Investitionskosten erhöht und innereuropäische Fusions- und Akquisitionsaktivitäten erschwert werden. Um mehr grenzüberschreitende Investitionen innerhalb Europas zu generieren, müssen die nationalen Regierungen einen Konsens in Bezug auf die europäische Übernahmerichtlinie finden. Darüber hinaus sollten die Wettbewerbsbehörden der EU eher eine regionale als eine nationale Sichtweise entwickeln, wenn sie aussichtsreiche Transaktionen prüfen. In der Vergangenheit wurden Fusionen untersagt, weil eine marktbeherrschende Stellung eventuell in einem Land erreicht wurde, der europäische Markt in Summe wird noch nicht ausreichend in der Betrachtung berücksichtigt.“
Finanzierungsvoraussetzungen in den USA günstiger
Die KPMG-Analyse hebt eine Reihe weiterer wichtiger Reformbereiche für die Harmonisierung und Liberalisierung der europäischen Finanzmärkte hervor. Auch nach der Einführung des Euro bestehen erhebliche Differenzen sowohl in den Rechnungslegungsstandards als auch den Banksystemen der einzelnen Länder. Zudem erschwert die große Zahl kleiner Aktienmärkte und die Dominanz von Bankkrediten gegenüber Eigenkapital die Kapitalaufnahme. Damit sind die Finanzierungsvoraussetzung für die Schaffung globaler Großunternehmen ungünstiger als in den USA.
Thomas Ehren: „Trotz des von der Kommission vorgeschlagenen gestrafften Ansatzes zur Übernahme neuer Verordnungen und Richtlinien wird der Prozess ohne die intensive politische Unterstützung aller Mitgliedstaaten zum Stillstand kommen. Aber auch die Unternehmen selbst sind gefragt, sich aktiv am Integrationsprozess zu beteiligen. Die größte unternehmerische Herausforderung wird jedoch das Bestehen in einem vollständig integrierten europäischen Markt sein. Hierzu ist es notwendig, schon jetzt im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes zu planen und eine klare gesamteuropäische Strategie zu entwickeln.“
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